Einleitung

Bindung

Bindung gehört zum Menschen

Bindungs-Explorations-Balance

Erste Bindung an die Mutter

Schwangerschaft und Geburt

Phasen der Bindungsentwicklung

Bindungsqualitäten

Entstehung der sicheren Bindung

Bindung und Sprache

Vorteile der "sicheren Bindung"

Sichere Bindung erhält das Leben

Angst zu Verwöhnen

Bindung und Autonomie

Bedeutung der Vater-Kind-Bindung

Frühe Fremdbetreuung

Übergänge in Betreuungseinrichtungen

Bindung, Bildung und Kultur

Literatur: Bindung

Literatur: Frühe Fremdbetreuung

Literatur: Kinder verstehen und liebevoll großziehen

 

 

 

Schwangerschaft und Geburt

Die Anfänge der Eltern-Kind-Bindung beginnen bereits während der Schwangerschaft und Geburt. In den Eltern vielleicht in Gedanken und Wünschen nach einem Kind schon vorher. Alle Erfahrungen beeinflussen die zukünftige Bindung zum Kind. Im Idealfall kann die Mutter eine angst- und sorgenfreie Schwangerschaft erleben, indem sie durch den Partner, nahestehende Personen, eine private Hebamme oder Doula und das medizinische Personal sensibel und kompetent begleitet wird. Auch Bücher helfen, sich gut vorzubereiten.

Dasselbe gilt für die Geburt, welche eine völlige Ausnahmesituation im Leben einer Frau darstellt. Während der Geburt kann eine Frau Kräfte freisetzen und erfahren, die sie vorher nicht gekannt hat. Unmittelbar nach der Geburt fördern das Auflegen des Neugeborenen auf den Bauch der Mutter mit direktem Hautkontakt (auch nach einem Kaiserschnitt), das Anlegen des Säuglings an die Brust, wenn Mutter und Baby das wollen und nicht zu erschöpft sind, Bedding-in (das Neugeborene liegt im Bett bei der Mutter) und individuelle Unterstützung für die Verarbeitung des Geburtsereignisses die Entstehung der Bindung. Immer häufiger begleitet der Vater die Mutter durch den gesamten Geburtsprozess und wird durch dieses Ereignis selbst zutiefst berührt. Auch im Vater beginnen die Bindungsgefühle zum Kind.

Ist die unmittelbare Kontaktaufnahme nach der Geburt für das Baby und seine Mutter nicht möglich oder durch andere Ereignisse gestört, heißt das nicht, dass dadurch die Bindungsentstehung verhindert wird. Bei den Gänseküken von Konrad Lorenz waren die ersten Stunden nach dem Schlüpfen entscheidend, welche Mutterfigur sich das Küken einprägt. Hier spricht man von Prägung (engl. bonding). Der Mensch ist kein Geflügel sondern gehört biologisch gesehen zur Gruppe der Säugetiere (lat. mammalia), ist nach der Geburt viel unreifer, offener angelegt und viel, viel länger abhängig von seinen Eltern. Die Entstehung und Erhaltung von Bindung (engl. attachment) läuft komplexer ab und ist mit Sicherheitssystemen ausgestattet. In den ersten Wochen und Monaten entwickelt und vertieft sich die Bindung in einem wechselseitigen Prozess zwischen Mutter und Kind.

Die meisten Geburten verlaufen komplikationslos, aber nicht alle. Was tun nach einer schwierigen oder sogar traumatisch erlebten Geburt? Was tun nach einer sehr langen und schmerzhaften Geburt mit Komplikationen, Kränkungen durch das Personal oder Nahestehenden, Notkaiserschnitt? Der Mutter und ihrem Neugeborenen tut es in dieser Situation gut, wo immer möglich, feinfühlend Unterstützung, Nähe, Geborgenheit und Halt zu bekommen, die sie brauchen, um sich zu erholen und wieder Vertrauen zu finden. In dieser Krisensituation ist eine intensive Betreuung notwendig, um das Ausufern der Belastung zu bremsen. Sensible Gespräche helfen der Mutter, ihre Erlebnisse in Worte zu fassen und zu ordnen. Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Mutter mit ihrem Baby wieder zu Kräften gekommen ist und sich innerlich dazu bereit fühlt, kann eine spezielle Traumatherapie helfen, schreckliche und überwältigende Geburtserfahrungen tiefer zu verarbeiten und sich von den erdrückenden Schuldgefühlen zu befreien. Die Schuldgefühle und das ständige Erinnern an die schwere Geburt sollen nicht die einmalige Babyzeit betrüben und die Beziehung zum Kind blockieren. Ganz speziell ausgebildete Traumatherapeuten arbeiten auch mit Kindern, die ebenfalls unter schwierigen Geburtserfahrungen gelitten haben. Alles in diesem Absatz gesagte gilt auch für den Vater, den auch er muss die schwierigen Geburtserlebnisse und die durchgestandene Angst um sein Kind und seine Partnerin verarbeiten.

Bei anderen Problemen und seelischen Krisen während der Schwangerschaft und nach der Geburt (Babyblues, Depression, Wochenbettpsychose) hilft professionelle Unterstützung, damit zwischen der Mutter und dem Kind trotzdem eine positive Kontaktaufnahme entstehen kann. Ganz besonders gilt das auch für den Fall, wenn das Baby mit einer Behinderung auf die Welt kommt.

Info rund um die Geburt: www.geburtsallianz.at

Mag.a Judith Raunig: www.nach-dem-kaiserschnitt.at